Rückblick: Probleme mit der Salzkraft?

Ein Gottesdienst mit Anne und Nikolaus Schneider als Predigende. Er, der ehemalige Ratsvorsitzende der EKD und damit höchster Repräsentant der Evangelischen Kirche in Deutschland und sie, Theologin und ehemalige Realschullehrerin für Mathematik und Evangelische Religion.

thumb Nikolaus und Anne Schneider Klaus Neumeier


Zwei Menschen, die viel zusammen erlebt und gemeistert haben – und die Seite an Seite
durch das Leben gehen, nicht nur, wenn es heißt, sich sie Kanzel in der Christuskirche zu
teilen, die doch platzmäßig eigentlich nur für einen Predigenden gedacht ist. Das schaffen sie
an diesem Sonntagmorgen, so wie Anne und Nikolaus schon so viel geschafft haben. Man
möchte sie direkt nach dem Gottesdienst bei ihren Vornamen nennen. Denn es gelang
ihnen, die rund 150 Gottesdienstbesucher mit einer gestenreichen, in den Blick nehmenden
Predigt anzusprechen. „Wir sind gerne bei Ihnen! Schön, hier zu sein! Sie strahlen!“,
begrüßte Nikolaus Schneider die Gemeinde, um zwischendurch auch ein „Ihr Lieben!“
einzuschieben. Na, wer hört das nicht gerne?!
Auch für routinierte protestantische Gottesdienstgänger der CK war die Länge der Predigt
durchaus herausfordernd, aber viele melden zurück: Ich habe mich angesprochen gefühlt, es
kam mir gar nicht so lange vor, das war toll, vielen Dank!
Um was es ging? „Reformation 502 – Wie geht Kirche in unserer Zeit “ lautete der Titel des
Gottesdienstes. Anne und Nikolaus Schneider erinnerten an die große Feier des
Reformationstags vor 2 Jahren. Nach wie vor gelte: Alle Menschen haben den gleichen Rang
und die gleiche Würde, allein aus Gottes Gnade. Was Luther vor 502 Jahren proklamiert hat,
muss heute von uns wachgehalten werden. Das Ehepaar warnte jedoch vor der Gefahr, in
aller Toleranz gegenüber Glaubensformen, die Christen leben, sich aufzulösen in der
Vielstimmigkeit. Eine wichtige Aufforderung: Es geht immer um den EINEN Christus. Der
EINE muss erkennbar sein, in dem was wir sagen und tun.
Das Bild vom Menschen, vom Christen, als „Salz der Welt“ prägte die Predigt stark. Zu wenig
Salz und das Gericht wird fad, zu viel Salz und es ist nicht mehr essbar. Die Herausforderung
ist, sein Christsein in einladender Form zu zeigen und zu leben, so dass andere gelebten
Glauben und Zugehörigkeit zu Kirche als eine authentische und bereichernde Facette des
Lebens sehen. In einer Zeit, in der, so Nikolaus Schneider, der ADAC bald mehr Mitglieder
hat als die Kirche…
Dass sich gläubige Menschen zu allen Zeiten Gedanken über den Verlust der „Salzkraft“ der
Kirche gemacht haben, belegten Anne und Nikolaus Schneider in ihrer gemeinsamen Predigt
durch eine Fülle von Zitaten und Beispielen. Für jeden Gottesdienstbesucher dürfte so ein
passendes Bild dabei gewesen sein, dass ihn anspornt, die Gedanken in den Alltag
mitzunehmen und eine bessere Werbung für Kirchenmitgliedschaft und Gemeinschaft von
Gläubigen macht als jeder noch so gute Pannendienst es kann.

Anja Seybold

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