Wie kam es, dass Du dich für die Partnerschaft mit der Christ-Church-Gemeinde in Amritsar engagierst?
Begonnen hat es nach dem Erntedank-Gottesdienst 2005 mit einem spannenden Gespräch mit Bischof Samantaroy unter den Apfelbäumen. Später besuchte eine Delegation der Diözese den von mir geführten Betrieb und Pfarrer Konrad Schulz motivierte unseren Hauskreis 2007 zu einer Internet-basierten Bibelarbeit. Alle diese Begegnungen mündeten in engen freundschaftlichen Beziehungen und in jährlichen Besuchen in Amritsar, teils in Verbindung mit meiner Berufstätigkeit und später ausschließlich privat gestaltet.
2009 konnten wir dann erste Mikro-Kredite vergeben, um Dalits (Mitglieder der untersten Kaste oder Unberührbare) aus verbreiteter Zinsknechtschaft zu befreien und den Schulabgängern eine berufliche Perspektive zu verschaffen.
Gleichzeitig werden die Rechte der Frauen in der Gesellschaft und in der Familie gestärkt, da die unternehmerischen Talente eher bei den Frauen zu fin-den sind. Derzeit gibt es etwa 450 Kleinunternehmen, die so ein selbstbestimmtes Leben für Ihre Familie gewonnen haben. Seit 2012 wirke ich auch im Partnerschaftsausschuss der Dekanate Gießen und Friedberg mit, der für die EKHN seit 1987 intensive Beziehungen mit der Diözese Amritsar unterhält.
Was motiviert Dich, sich über so viele Jahre für diese Partnerschaft einzusetzen?
Bei den Besuchen erlebe ich einzigartige Gastfreundschaft und beispiellose Solidarität der indi-schen Freunde und vor allem intensive Gemeinschaft in den Gottesdiensten, die wir in Englisch wirklich gemeinsam erleben können.
In den Kirchengemeinden erlebe ich eine umfassende Solidarität, die in unserer Gesellschaft zu einem großen Teil verloren gegangen zu sein scheint. Mit großer Selbstverständlichkeit wird auch der knappste Besitz geteilt. Wichtiger noch sind mir aber die Gemeinschaft im Glauben und die Anregungen, die ich bei jedem Besuch und bei vielen Telefonaten aufgreifen kann.
Was gibt Dir Kraft, in schwierigen oder aussichtslosen Situationen weiterzumachen?
Das Vertrauen in die Hilfe Gottes ist bei unseren Freunden einzigartig ausgeprägt. Schwierige Situationen sind für sie die Normalität und dennoch schauen sie voll Vertrauen in die Zukunft. Ihre Fähigkeit Feste zu feiern ist einzigartig und beispielgebend. Da kann ich viel lernen.
Partnerschaft ist keine Einbahnstraße – was fließt zwischen Amritsar und Bad Vilbel?
Die gegenseitige Befruchtung der Gottesdienste, insbesondere wenn sie gemeinsam gefeiert werden können, sind für mich in jeder Beziehung bereichernd. Wir lernen unsere vergleichsweise überschaubaren Probleme besser einzuordnen! Wir lernen auch, neue Blickwinkel von Proble-men einzubeziehen. Gastfreundschaft und Gelassenheit sind zwei Erfahrungen, die mich persönlich immer wieder bereichern!
Was war das schönste Erlebnis, das Du im Zusammenhang mit dieser Partnerschaft erlebt hast?
Über die reichen Glaubenserfahrungen habe ich schon mehrfach gesprochen.
Ich werde nie vergessen, wie erschrocken eine Unternehmerin in einem der ersten Dörfer reagierte, als ich sie mit Handschlag begrüßte. Im Folgejahr sagte sie mir, dass ein Mitglied einer höheren Kaste sie niemals eines Blickes für würdig gehalten hätte, geschweige denn sie mit Handschlag zu begrüßen. Wenn nun sogar ein Ausländer mit ihr spricht und sie persönlich begrüßt, dann fühlt sie sich wirklich einbezogen.
Was wäre Dein größter Wunsch in Bezug auf diese Partnerschaft?
Ich würde gern möglichst vielen unserer Gemeindemitglieder die Chance geben, einen eigenen Eindruck zu gewinnen und auch andere Kirchengemeinden einbezogen sehen. Wer einmal diese freundlichen Partner getroffen hat, der ist im besten Sinne infiziert und will meist schnell wieder nach Amritsar fahren oder indische Freunde bei sich beherbergen.